Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) hat kürzlich eine klare Botschaft an World (ehemals Worldcoin) gesendet: Alle biometrischen Daten, insbesondere Iris-Scans, müssen gelöscht werden.

Die Behörde sieht in den Datenerhebungspraktiken des Projekts einen klaren Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Während World gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt hat, steht das Unternehmen vor großen Herausforderungen, die nicht nur seine Geschäftstätigkeit in der Europäischen Union gefährden, sondern auch das Vertrauen der Nutzer in digitale Identitätsprojekte erschüttern könnten.

Die Mission von World

Worldcoin wurde gegründet, um ein globales Identitätssystem zu schaffen. Das Unternehmen nutzt biometrische Daten wie Iris-Scans, um Nutzer eindeutig zu identifizieren und gleichzeitig Sicherheit und Inklusion zu gewährleisten.

Mithilfe eines Geräts namens „Orb“ werden biometrische Daten gescannt, um digitale Identitäten zu generieren. Diese sollen unter anderem helfen, Mehrfachkonten zu verhindern und Vertrauen in digitalen Ökosystemen aufzubauen.

Doch die auf den ersten Blick revolutionäre Technologie hat von Anfang an Fragen zu Datenschutz und Sicherheit aufgeworfen. Vor allem in der EU, wo strenge Datenschutzgesetze wie die DSGVO gelten, stößt das Projekt auf heftigen Widerstand.

Hintergrund der Entscheidung

Das BayLDA, eine der wichtigsten Datenschutzbehörden in Deutschland, begann seine Untersuchung der Praktiken von World Anfang 2023. Im Dezember 2024 legte die Behörde schließlich ihre Ergebnisse vor und forderte World auf, alle gesammelten biometrischen Daten zu löschen.

Die Vorwürfe des BayLDA

Fehlende Rechtsgrundlage: Das BayLDA argumentiert, dass World keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Erhebung von Iris-Scans hatte.
Fehlende Einwilligung: Es wurde bemängelt, dass die Nutzer nicht umfassend über die Verwendung ihrer Daten informiert wurden.
Nicht DSGVO-konforme Systeme: Die bisherige Praxis der Speicherung und Verarbeitung biometrischer Daten sei nicht mit der DSGVO vereinbar.

Das BayLDA forderte World auf, ein konformes Löschverfahren einzuführen und sicherzustellen, dass künftige Datenerhebungen nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Nutzer erfolgen.

So reagierte World auf die Vorwürfe

World legte gegen die Anordnung Berufung ein und betonte, dass die Vorwürfe auf veralteten Technologien beruhten, die schon lange nicht mehr verwendet würden.

Das Unternehmen argumentiert, dass seine aktuellen Praktiken den Anforderungen der DSGVO entsprechen. Ein Sprecher von World sagte:

Die Entscheidung spiegelt nicht die jüngsten Fortschritte in unseren Technologien und Datenschutzmaßnahmen wider.

Trotz dieses Einspruchs steht World unter erheblichem Druck, zumal die EU für ihre strengen Datenschutzrichtlinien bekannt ist.

Welche Auswirkungen haben die Vorwürfe auf World?

1. Operation in der EU

Die Anordnung des BayLDA könnte die Geschäftstätigkeit von World in der EU erheblich beeinträchtigen. Die EU ist ein Schlüsselmarkt für Technologieunternehmen und der Verlust dieses Marktes würde die globale Expansion von World behindern.

2. Finanzielle Belastungen

Strafen: Bei Nichteinhaltung der DSGVO drohen World empfindliche Strafen von bis zu 20 Millionen Euro oder 4 % des weltweiten Jahresumsatzes.
Compliance-Kosten: World muss erhebliche Ressourcen investieren, um seine Systeme an die europäischen Standards anzupassen.

3. Vertrauensverlust

Der Vorfall hat bereits das Vertrauen vieler Nutzer erschüttert, insbesondere derjenigen, die ihre biometrischen Daten für das Projekt zur Verfügung gestellt haben. Kritiker argumentieren, dass das gesamte Geschäftsmodell von World, das auf biometrischen Daten basiert, durch regulatorische Maßnahmen gefährdet ist.

4. Auswirkungen auf den Token

Worlds nativer Token, WLD, verzeichnete nach den US-Wahlen einen kurzfristigen Anstieg, verlor aber schnell wieder an Wert. Die Unsicherheit über die regulatorische Zukunft des Unternehmens belastet den Markt zusätzlich.

Deutschlands Rolle in der Regulierung

Deutschland hat in den letzten Monaten eine härtere Haltung gegenüber Kryptowährungen und digitalen Vermögenswerten eingenommen. Neben der einstweiligen Verfügung gegen World hat die deutsche Regierung im Juli 2024 ihre gesamten Bitcoin-Bestände verkauft und verschärfte Maßnahmen gegen Kryptobörsen eingeführt.

Der Fall World unterstreicht Deutschlands Position als Vorreiter bei der Durchsetzung strenger Datenschutzrichtlinien und zeigt, dass die Behörden bereit sind, auch gegen große Technologieprojekte vorzugehen.

Weitreichende Folgen für digitale Identitätsplattformen

Die Auseinandersetzung zwischen World und den deutschen Datenschutzbehörden hat weitreichende Auswirkungen, die über das Unternehmen hinausgehen:

Schärfere Regulierung: Der Fall könnte andere Länder dazu inspirieren, ihre eigenen Datenschutzbestimmungen für biometrische Daten zu verschärfen.
Präzedenzfall: Die Ergebnisse des Rechtsstreits könnten als Maßstab für ähnliche Projekte dienen, bei denen biometrische Daten erhoben werden.
Innovationsdruck: Unternehmen wie World stehen vor der Herausforderung, Innovation mit strengen Datenschutzanforderungen in Einklang zu bringen.

Die Berufung von World könnte die Durchsetzung der Verfügung verzögern und dem Unternehmen Zeit geben, seine Prozesse anzupassen. Langfristig bleibt jedoch unklar, ob die aktualisierten Datenschutzmaßnahmen von World ausreichen werden, um die Aufsichtsbehörden zu überzeugen.

Das Unternehmen könnte ebenso gezwungen sein, sein Geschäftsmodell zu überdenken, beispielsweise durch den Einsatz alternativer Technologien, die ohne biometrische Daten auskommen.

Obendrein könnte der Fall als Weckruf für andere Projekte dienen, die ebenfalls auf die Erhebung sensibler Daten setzen. Er zeigt, dass Datenschutz ein zentrales Thema bleibt, das nicht ignoriert werden kann - insbesondere in Deutschland und der EU.

Fazit

Die Entscheidung des BayLDA gegen World ist ein weiterer Beleg dafür, wie schwierig es für Technologieunternehmen ist, Innovation und Datenschutz unter einen Hut zu bringen. Während World gegen die Anordnung kämpft, steht das Unternehmen vor der Herausforderung, das Vertrauen der Nutzer wiederherzustellen und gleichzeitig die Anforderungen der Aufsichtsbehörden zu erfüllen. Dieser Fall wird nicht nur die Zukunft von World prägen, sondern Wegweiser für die gesamte Branche sein.

Deutsche Datenschutzbehörden vs. Worldcoin: Der Kampf um biometrische Daten