Ethereum ist mehr als nur eine Kryptowährung – es ist ein Ökosystem für programmierbare Anwendungen auf der Blockchain. Eine große Rolle spielen dabei sogenannte Token Standards. Sie legen genau fest, wie Token auf Ethereum funktionieren sollen. Dadurch wird sichergestellt, dass verschiedene Anwendungen, Wallets und Smart Contracts reibungslos miteinander arbeiten können.

Zwei der bekanntesten Standards sind ERC-20 und ERC-721. Während ERC-20 vor allem für klassische Kryptowährungen oder Utility Tokens verwendet wird, kommt ERC-721 bei NFTs zum Einsatz. Doch das ist längst nicht alles: Inzwischen gibt es eine ganze Reihe weiterer Standards mit speziellen Funktionen und Einsatzbereichen.

Was sind Ethereum Token Standards?

Ethereum ist eine Plattform, auf der sich dezentrale Anwendungen (dApps) und digitale Vermögenswerte realisieren lassen. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Ökosystems sind Token, also digitale Einheiten, die mithilfe von Smart Contracts auf der Ethereum-Blockchain erzeugt werden. Damit diese Token verlässlich funktionieren und problemlos mit anderen Anwendungen kompatibel sind, gibt es sogenannte Token Standards.

Token Standards definieren genau, welche Funktionen ein Token haben muss – etwa wie man ihn überträgt, abfragt oder genehmigt. Sie sorgen für einheitliche Schnittstellen, sodass Wallets, Börsen und dApps mit verschiedenen Token interagieren können, ohne für jeden Token individuelle Anpassungen vornehmen zu müssen.

Grundlagen von Smart Contracts und Token

Smart Contracts sind selbstausführende Programme auf der Blockchain. Sie enthalten Regeln und Bedingungen, die automatisch ausgeführt werden, sobald bestimmte Ereignisse eintreten. Auf Ethereum dienen diese Smart Contracts oft als Grundlage für Token.

Token auf Ethereum können viele Formen annehmen. Es gibt zum Beispiel:

Token, die wie eine Währung genutzt werden
Zugangstoken für bestimmte Dienste
Abstimmungstoken für dezentrale Organisationen
Sammlerstücke wie digitale Kunst oder Spielfiguren

All diese Token basieren technisch auf einem Smart Contract. Der Unterschied liegt in der Programmierung – und hier kommen die Standards ins Spiel.

Warum Standards notwendig sind

Ohne feste Standards wäre jeder Token unterschiedlich programmiert. Das würde bedeuten, dass Wallets und Börsen jeden einzelnen Token individuell unterstützen müssten – was extrem aufwendig und fehleranfällig wäre.

Ethereum Token Standards lösen dieses Problem. Sie legen bestimmte Funktionen und Abläufe verbindlich fest. Dadurch entstehen viele Vorteile:

Kompatibilität: Wallets und Plattformen können jeden Standard-Token automatisch erkennen und unterstützen.
Sicherheit: Bewährte Standards senken das Risiko von Programmierfehlern.
Entwicklungsgeschwindigkeit: Entwickler müssen nicht bei Null anfangen, sondern bauen auf existierenden Vorlagen auf.
Interoperabilität: Token können problemlos zwischen verschiedenen Plattformen und Anwendungen bewegt werden.

Diese Token Standards haben Ethereum zu einem vielseitigen Ökosystem gemacht – und sind die Grundlage für viele bekannte Projekte, Coins und NFTs. Im nächsten Abschnitt schauen wir uns den bekanntesten Standard genauer an: ERC-20.

ERC-20 Standard

Der ERC-20 Standard ist der bekannteste und am weitesten verbreitete Token-Standard auf Ethereum. Er wurde bereits im Jahr 2015 vorgeschlagen und ist seitdem die Grundlage für Tausende von Token-Projekten. Fast alle großen Krypto-Projekte, die auf Ethereum laufen, nutzen diesen Standard – zum Beispiel Chainlink (LINK), Uniswap (UNI) oder USD Coin (USDC).

Der Begriff „ERC“ steht für „Ethereum Request for Comments“. Die Zahl „20“ ist einfach eine Identifikationsnummer. Ein ERC-20 Token ist also ein Token, der sich an eine bestimmte technische Vorlage hält, damit er reibungslos mit der Ethereum-Infrastruktur funktioniert.

Funktionen und Eigenschaften von ERC-20

Ein ERC-20 Token muss bestimmte Funktionen enthalten, damit er als solcher gilt. Diese Funktionen sind in jedem ERC-20 Smart Contract vorhanden und sorgen dafür, dass der Token zuverlässig genutzt werden kann. Zu den wichtigsten gehören:

totalSupply – Gibt die Gesamtmenge aller Token an
balanceOf – Zeigt den Token-Bestand eines bestimmten Wallets
transfer – Überträgt Token von einem Nutzer an einen anderen
approve – Gibt einem Dritten das Recht, Token zu verwalten
transferFrom – Ermöglicht, dass ein Dritter einen Token-Transfer durchführt
allowance – Zeigt, wie viele Token ein Dritter aktuell verwalten darf

Diese Funktionen machen ERC-20 Token leicht verständlich, gut programmierbar und kompatibel mit den meisten Wallets und Börsen. Ein großer Vorteil: Ein Wallet wie MetaMask kann automatisch mit jedem ERC-20 Token umgehen – ohne dass eine manuelle Anpassung notwendig ist.

Ein weiteres Merkmal: ERC-20 Token sind fungibel. Das bedeutet, jede Einheit ist gleichwertig mit einer anderen – genau wie bei klassischen Währungen. Ein Token ist also immer genauso viel wert wie ein anderer vom gleichen Typ.

Typische Anwendungsbereiche von ERC-20 Token

Der ERC-20 Standard ist besonders vielseitig einsetzbar. Deshalb findet man ihn in vielen Bereichen:

Zahlungstoken: Viele Projekte nutzen ERC-20 Token als internes Zahlungsmittel (zum Beispiel BAT im Brave-Browser).
Stablecoins: Digitale Währungen mit stabilem Wert wie USDC oder DAI basieren meist auf ERC-20.
Governance-Token: Nutzer erhalten Mitspracherechte in dezentralen Organisationen (wie bei Uniswap oder Aave).
Belohnungssysteme: Token können als Belohnung für bestimmte Aktionen vergeben werden.
Initial Coin Offerings (ICOs): Neue Projekte geben oft ERC-20 Token aus, um Geld zu sammeln.

Der große Erfolg von ERC-20 liegt also in seiner einfachen Struktur, der breiten Unterstützung und der Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten. In der Praxis hat sich der Standard bewährt – sowohl für Entwickler als auch für Nutzer.

ERC-721 Standard

Während ERC-20 für gleichartige Token entwickelt wurde, richtet sich der ERC-721 Standard an Token, die einzigartig sind. Damit ist er die Grundlage für Non-Fungible Tokens – kurz NFTs. Der Standard wurde im Jahr 2018 eingeführt und hat sich seitdem als technischer Rahmen für digitale Sammlerstücke, Kunstwerke, Spielfiguren und andere Einzelstücke auf der Blockchain etabliert.

Der Begriff „non-fungible“ bedeutet, dass jeder Token einzigartig ist und sich nicht eins zu eins gegen einen anderen austauschen lässt – anders als bei ERC-20 Token. Diese Eigenschaft ist besonders wichtig für Vermögenswerte, bei denen der individuelle Wert oder die Identität eine Rolle spielen.

Unterschiede zu ERC-20

Im Vergleich zum ERC-20 Standard unterscheidet sich ERC-721 in mehreren Punkten. Die wichtigste Änderung ist, dass jeder Token über eine eindeutige ID verfügt. Diese ID macht den Token unverwechselbar und eindeutig identifizierbar.

Die wichtigsten Merkmale von ERC-721:

Jeder Token hat eine eigene Token-ID
Die Token sind nicht austauschbar – jeder ist einzigartig
Es gibt erweiterbare Funktionen für Metadaten (zum Beispiel Bilder, Beschreibungen)
Die Token lassen sich einzeln verwalten, übertragen und besitzen

Durch diese Eigenschaften eignet sich der ERC-721 Standard hervorragend für Anwendungen, bei denen es um Eigentumsnachweise und Sammlerwert geht.

Verwendung bei NFTs

Der mit Abstand häufigste Anwendungsfall für ERC-721 Token sind NFTs. Diese kommen in vielen Bereichen zum Einsatz:

Digitale Kunst: Künstler können Werke als NFT herausgeben und verkaufen
Gaming: Spielcharaktere, Waffen oder Skins werden als einzigartige Token gespeichert
Sammlerstücke: Projekte wie „CryptoPunks“ oder „Bored Ape Yacht Club“ basieren auf ERC-721
Zertifikate: Besitznachweise, Auszeichnungen oder Tickets können als NFT erstellt werden

Bei NFTs enthält der Smart Contract neben der Token-ID oft auch einen Link zu externen Daten – etwa zu einem Bild oder einer Beschreibung. So entsteht eine Verbindung zwischen dem Token auf der Blockchain und dem digitalen Objekt, das er repräsentiert.

Der ERC-721 Standard hat den NFT-Boom maßgeblich ermöglicht. Er schafft eine zuverlässige technische Grundlage, um digitale Gegenstände als einzigartiges Eigentum zu verwalten – transparent, sicher und unveränderlich.

Weitere wichtige Token Standards

Neben den bekannten Standards ERC-20 und ERC-721 gibt es inzwischen eine ganze Reihe weiterer Token-Standards auf Ethereum. Diese Standards wurden entwickelt, um spezielle Anforderungen zu erfüllen oder bestehende Standards zu verbessern.

Sie ermöglichen neue Funktionen, mehr Effizienz oder kombinieren verschiedene Token-Typen in einem System. Zwei weitere relevante Standards sind ERC-777, ERC-1155 und verschiedene spezialisierte Erweiterungen.

ERC-777 – Weiterentwicklung von ERC-20

Der Standard ERC-777 wurde als Verbesserung von ERC-20 entwickelt. Er bietet eine modernere Architektur und zusätzliche Funktionen, bleibt aber weiterhin kompatibel mit ERC-20, damit bestehende Anwendungen weiterhin funktionieren.

Die wichtigsten Neuerungen von ERC-777:

Hooks: Smart Contracts können direkt auf Token-Transfers reagieren.
Mehr Kontrolle: Der Token-Sender kann bestimmen, wie der Empfang verarbeitet wird.
Reduzierte Fehleranfälligkeit: Die Gefahr, Token an falsche Verträge zu schicken, wird verringert.
Erweiterbarkeit: Neue Funktionen lassen sich einfacher ergänzen.

Ein Beispiel: Bei ERC-20 kommt es immer wieder vor, dass Nutzer Token an Verträge senden, die keine Empfangsfunktion besitzen – das führt zum Verlust der Token. ERC-777 löst dieses Problem, indem es dem Empfänger ermöglicht, direkt auf den Eingang zu reagieren. Dadurch lassen sich sogenannte „Token-Fallback“-Funktionen sicher und flexibel umsetzen.

ERC-1155 – Kombination aus fungiblen und nicht-fungiblen Token

Der ERC-1155 Standard kombiniert die Vorteile von ERC-20 und ERC-721. Er wurde vor allem für Spiele und Sammelplattformen entwickelt, auf denen Nutzer sowohl identische als auch einzigartige Token verwenden.

Die wichtigsten Eigenschaften:

Multi-Token-Unterstützung: Ein einziger Smart Contract kann viele verschiedene Token-Typen enthalten.
Fungible und Non-Fungible in einem: Sowohl austauschbare als auch einzigartige Token lassen sich verwalten.
Effizienz: Mehrere Token können in einer einzigen Transaktion übertragen werden – das spart Gasgebühren.
Flexibilität: Ideal für Spiele, bei denen man unter anderem Goldmünzen (fungibel) und einzigartige Schwerter (nicht fungibel) benötigt.

Ein typisches Einsatzgebiet sind Blockchain-Spiele wie „Gods Unchained“ oder „The Sandbox“. Dort benötigen Nutzer sowohl große Mengen identischer Items als auch individuelle NFTs – was mit ERC-1155 problemlos möglich ist.

Weitere spezialisierte Standards (z. B. ERC-4626, ERC-1363)

Neben den bekannten Standards gibt es auch eine Vielzahl an spezialisierten ERC-Vorlagen, die bestimmte Anwendungsfälle adressieren. Zwei davon sind besonders erwähnenswert:

ERC-4626: Dieser Standard legt fest, wie sogenannte „Yield Vaults“ auf Ethereum funktionieren sollen. Dabei handelt es sich um Smart Contracts, in die Nutzer Vermögenswerte einzahlen, um Erträge zu erzielen – etwa durch Staking oder Lending. Der Standard sorgt dafür, dass alle Vaults einheitlich aufgebaut sind.
ERC-1363: Hierbei handelt es sich um einen Token-Standard, der Zahlungen und Smart-Contract-Interaktionen kombiniert. Nutzer können damit Token senden und gleichzeitig eine Aktion im Smart Contract auslösen – beispielsweise einen Kauf oder eine Registrierung.

Diese spezialisierten Standards zeigen, wie vielfältig das Ethereum-Ökosystem inzwischen geworden ist. Für fast jeden Anwendungsfall gibt es inzwischen eine passende technische Grundlage – von Gaming über DeFi bis zu Zahlungsabwicklungen.

Fazit: Welcher Standard für welchen Zweck?

Ethereum bietet verschiedene Token-Standards, die je nach Einsatzzweck ihre Stärken haben. ERC-20 eignet sich für klassische Kryptowährungen, Stablecoins und Governance-Token. ERC-721 ist ideal für digitale Einzelstücke wie NFTs.

Wer beide Ansätze kombinieren will, findet mit ERC-1155 eine flexible Lösung – vor allem für Spiele und Sammlungen. Weiterentwicklungen wie ERC-777 oder spezialisierte Standards wie ERC-4626 zeigen, wie vielfältig das Ethereum-Ökosystem ist.

Für Entwickler bedeutet das: Den passenden Standard zu wählen, spart Aufwand und sorgt für Kompatibilität. Für Nutzer bringt es Klarheit, Sicherheit und eine reibungslose Bedienung in Wallets und dApps.

Ethereum Token Standards erklärt: ERC-20, ERC-721 & Co.